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Prostata: Nur jeder vierte Mann kennt sich aus!

01. Oktober 2019 | von Ingrid Müller

Was wissen Männer über ihre Prostata? Erschreckend wenig! Nur jeder Vierte kann sagen, wofür sie gut ist. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie. 

Die Prostata ist für allerlei Aufgaben zuständig: Sie produziert einen Teil der Samenflüssigkeit, die für den Transport, die Beweglichkeit und Befruchtungsfähigkeit der Spermien enorm wichtig ist. Sie spielt also eine wesentliche Rolle beim Samenerguss – der Ejakulation – und somit auch der Zeugungsfähigkeit von Männern. Darüber hinaus produzieren die Zellen der Prostata das prostataspezifische Antigen, kurz PSA.

Doch um das Wissen der Männer rund um ihre Prostata ist es nicht gerade zum Besten bestellt. Besonders Männer über 50 Jahren seien „alarmierend schlecht“ darüber informiert, welche Funktionen und Aufgaben ihre Vorsteherdrüse eigentlich hat. Dies ergab eine Umfrage der European Association oft Urology (EAU). Und das sei besonders gravierend angesichts der Tatsache, dass etwa 40 Prozent der Männer ab 60 Jahren und aufwärts mit ihrer Prostata zu tun bekommen: Sie leiden an einer gutartigen Prostatavergrößerung.

"Wir wollen etwas für die Aufklärung und Gesundheit der Männer in Deutschland sowie deren Angehörigen tun."

Dr. Frank Schiefelbein, Urologe

 

Nur ein Viertel weiß, wofür die Prostata gut ist

Die Umfrage hatte zum Ziel, das Wissen der Männer über ihre Prostata zu testen. Mehr als 3.000 Männer über 50 Jahren aus Deutschland, Großbritannien und Frankreich nahmen an der Studie teil. Sie sollten verschiedenste Fragen rund um die Prostata sowie zu Symptomen und Erkrankungen beantworten. Beispiele: Wie oft sie unter bestimmten Symptomen litten oder wie viel Zeit sie bis zu einem Arztbesuch verstreichen lassen würden.

Als erstes fanden die Forscher heraus, dass nur einer von vier Männern (26 Prozent) die Hauptaufgabe der Prostata korrekt benennen konnte – nämlich die Produktion der Samenflüssigkeit für den Transport der Spermien. Die gute Nachricht: Mit zunehmendem Alter nahm die Ahnungslosigkeit über die Hauptfunktion der Vorsteherdrüse ab: Bei den 50- bis 55-Jährigen wissen nur 21 Prozent Bescheid, bei den über 70-Jährigen sind es schon 35 Prozent.

 

Vergrößerte Prostata: 50 Prozent erkennen die Symptome nicht

Zudem deckten sie eine Reihe von Missverständnissen über die Gesundheit der Prostata und besonders über die gutartige Prostatavergrößerung auf. Im Fachjargon heißt sie auch benigne Prostatahyperplasie oder abgekürzt BPH. Normalerweise besitzt die Prostata die Größe einer Walnuss. Mit zunehmendem Alter wächst die Vorsteherdrüse jedoch bei vielen Männern und engt die Harnröhre immer weiter ein. Die Gründe für die Prostatavergrößerung sind noch nicht genau bekannt. Ärzte vermuten aber, dass hormonelle Veränderungen wichtige Mitspieler sind.

Prostatavergrößerung

Alles über die gutartige Prostatavergrößerung und wie Ärzte sie behandeln.

Nur gut 38 Prozent der Männer konnten die gutartige Prostatavergrößerung richtig identifizieren. Allerdings haperte es bei vielen Männer bei der Einordnung folgender Symptome der BHP:

  • plötzlicher Harndrang
  • Probleme, das Wasserlassen zu beginnen
  • Schmerzen oder Brennen beim Wasserlassen
  • nächtlicher Harndrang (mehr als einmal pro Nacht aufstehen)
  • das Gefühl, die Blase nicht komplett entleeren zu können (Restharngefühl)

Fast 50 Prozent der Männer zwischen 50 und 60 Jahren sagten diese Symptome einer gutartigen Prostatavergrößerung überhaupt nichts. Und nur einer von sechs männlichen Geschöpfen (17 Prozent) wusste, dass diese Beschwerden keine „normale Alterserscheinung“ sind.

Zwar wächst die Prostata mit dem Alter nur langsam und die Beschwerden sind bei vielen zunächst nur mild ausgeprägt. Je schwerer die Symptome werden, desto stärker beeinträchtigen sie auch die Lebensqualität. Außerdem haben Männer mit moderaten oder schweren Prostata-Symptomen ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall oder sogar den Herztod.

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Das Schweigen der Männer bei Problemen mit der Prostata

Ein weiteres Ergebnis der Umfrage ist, dass Männer die Beschwerden mit ihrer Prostata kaum mit ihrer Partnerin, dem Partner oder Familienmitgliedern diskutieren. Nur 13 Prozent gaben an, sich bei Vertrauten und Angehörigen zu informieren. „Frühere Studien haben gezeigt, dass Frauen definitiv mehr über Männergesundheit wissen als die Männer selbst“, sagt der Urologe Prof. Hein Van Poppel von der EAU. „Deshalb ermutigen wir die Männer dazu, ihre urologischen Probleme und Krankheiten mit dem Partner oder der Familie zu besprechen. Wir raten jedoch auch dazu, einen Spezialisten aufzusuchen, zum Beispiel einen Urologen.“

Auf die Frage, an wen sie sich bei Problemen mit dem Wasserlassen wenden würden, sagten 61 Prozent: an ihren Hausarzt. Interessanterweise gab es bei dieser Frage große Unterschiede zwischen den Männern in den drei Ländern. In Frankreich und Großbritannien würden 67 beziehungsweise 66 Prozent der Befragten sich Rat bei ihrem Hausarzt einholen. In Deutschland würden sich dagegen nur 50 Prozent einem Arzt anvertrauen.

Nur ein Viertel der Männer (24 Prozent) würde „Dr. Google“ nutzen, um mehr Informationen über ihre Symptome herauszufinden. Dies deute darauf hin, dass Männer in dieser Altersgruppe das direkte Gespräch mit einem Arzt bevorzugen würden.

 

Prostata-Wissen der Männer – es muss besser werden

„Die Ergebnisse sind wirklich besorgniserregend“, kommentiert Urologe Van Poppel. „Das gilt besonders, weil in der Studie Männer in einem Alter befragt wurden, in dem die Wahrscheinlichkeit für eine Prostataerkrankung erhöht ist, zum Beispiel eine Prostatavergrößerung oder Prostatakrebs.“ In einer alternden Gesellschaft träten diese Erkrankungen in Zukunft noch weitaus häufiger auf. „Wir müssen sicherstellen, dass Männer darüber gut informiert sind. Nur so können wir eine zeitnahen Arztbesuch und eine rasche Behandlung gewährleisten, falls dies nötig ist“, so Van Poppel weiter.

 

Shared Decision Making: Favorit bei jüngeren und deutschen Männern

Für die gutartige Prostatavergrößerung gibt es eine Reihe von Therapiemöglichkeiten. Dazu gehören unter anderem Medikamente oder eine Prostata-Operation, etwa mittels Skalpell, Laser oder Wasserdampf. Die Hälfte der Befragten Männer favorisierte es, die Wahl zwischen verschiedenen Behandlungen zu haben. 38 Prozent fanden es besser, wenn der Arzt ihnen eine Behandlungsmöglichkeit empfahl. Und zwölf Prozent war es egal – sie hatten keine Präferenz.

Shared Decision Making

Lesen Sie, wie die gemeinsame Entscheidungsfindung zwischen Arzt und Patient funktioniert!

Interessant war auch, dass jüngere Männer zwischen 50 und 55 Jahren sowie Männer aus Deutschland das sogenannte Shared Decision Making favorisierten. Dabei diskutieren Patienten mit ihrem Arzt sämtliche Behandlungsmöglichkeiten und entscheiden dann gemeinsam, welche individuell am besten ist. Dagegen hielten ältere Männer von 70 Jahren und aufwärts sowie Patienten aus Frankreich und Großbritannien weniger von der gemeinsamen Entscheidungsfindung.

Van Poppel sagt: „Jeder Patient ist anders. Aber gemeinsam mit einem spezialisierten Urologen sollten Männer in der Lage sein, eine informierte Entscheidung über die bestmögliche Behandlung zu treffen.“ Wer Beschwerden habe, solle sich also rasch ärztliche Hilfe suchen. „Wir können ihnen wahrscheinlich ziemlich leicht helfen.“

Quellen